Wie war das noch mit… Franz&Frau Schneider (und diesem Anderen)

Zuallererst möchte ich hiermit den ersten Platz für den längsten Artikel-Titel für mich beanspruchen. Vielen Dank, ich fühle mich geehrt.

Zweitens gibt es bestimmt irgendwelche Gebote, die besagen, man soll nicht über befreundete Musiker schreiben. Das zweite Gebot lautet wahrscheinlich, man darf Drake nicht doof finden und das dritte, man darf keine bösen Witze über Helene-Fischer-Fans machen. Zum Glück ist uns das ja egal (beschließe ich jetzt einfach mal), und deshalb widme ich meinen November-Schrieb (und übrigens mein allererstes Interview, like, ever!) unseren guten Freunden Franz & Frau Schneider (und eben diesem mysteriösen Anderen, von dem immer alle reden).

Franz und Frau Schneider sind zunächst einmal Franz Ferdinand Rothe, seines Zeichens Songschreiber, Bass-Spieler und Gitarren-Guru mit Rockband- und Sängerknaben-Hintergrund und allem Pipapo, und Vivian Schneider. Man nennt sie auch liebevoll „die kleine Frau“. Klein ist an ihr allerdings wirklich nur der Körperbau, alles andere ist ziemlich groß – Stimme, Piano-Skills, die Tendenz Menschen mit ihrer Art zum Lachen (und manchmal ein bisschen zum Weinen) zu bringen.

Das erste Mal auf der Bühne bewundern durfte man das Duo Infernale bei irgendeiner der zahlreichen Open Mics im Paderborner Unipub, wo sie feierlich verkündeten, der folgende Song würde ihnen unheimlich viel bedeuten und wäre sehr wichtig für sie, um daraufhin ein herzzerreißendes Cover von Enrique Iglesias‘ „Hero“ dahinzuschmachten. Ein Fest. Da der Erfolg unüberhörbar war und man sich sonst auch ganz gut leiden konnte – sowohl menschlich als auch musikalisch – wurde aus der Ein-Song-Nummer bald ein ganzes Set, das dann erstmals unter dem Namen „Franz & Frau Schneider“ in der örtlichen Stammkneipe präsentiert wurde. Gespielt wurden vor allem Franz‘ Songs, die er teilweise mit seiner Band „Clocks to Zero“ gespielt hatte und die er mal Singer-Songwriter-Style spielen wollte – mit Frau Schneider am Klavier: „wunderschön“, sagt Franz. Also blieb man dabei, holte sich Lukas Hoffmann (besagter „Andere“, das Geheimnis ist endlich gelüftet!) an Bord und später auch Patrick Schütz für Live-Auftritte. Dem Auftritt im Sputnik folgen weitere, nicht zuletzt in Franz‘ Heimatstadt Dresden, und irgendwann wird beschlossen, die guten Zeiten in einem Album zu verpacken, und irgendwann im Spätsommer 2013 wird „Away“ zum Probehören präsentiert.

Was für den Kenner sowohl der Menschen als auch ihrer Live-Performances natürlich gut sein muss, nicht zuletzt weil es an einen sehr besonderen Lebensabschnitt mit sehr besonderen Menschen erinnert, darf aber durchaus auch von Außenseitern gut gefunden werden. Auch wenn „Away“ „verkehrtherum“ (also Vocals und Gitarren und Klavier zuerst, und dann erst Bass und Schlagzeug) aufgenommen wurde, halte ich das Album thematisch wie auch musikalisch für eine ziemlich runde Sache.

„(…) klingt hier und da, als würde irgendwo ein Sack Kartoffeln die Treppe runterfallen.“ (Franz)

Es geht viel um’s Reisen, um’s Weggehen bzw. woanders Hingehen – für Frau Schneider ist es ein Abschied vom Studium in Paderborn, um ein Trennen der Wege. Was insofern interessant ist, da „Away“ kein aus einem Guss entstandenes Album ist – die Songs hat Franz (bis auf „Blind“ und das großartige Foo Figthers-Cover natürlich) über einen Zeitraum von 7 Jahren hinweg geschrieben. Das mit dem Reisen und ständig auf Achse sein scheint also ein fester Bestandteil in Franz‘ Leben zu sein – was sich bestätigt, wenn man sich anschaut, wo der gute Mann bisher unterwegs war. Um nur mal die zwei Jahre nach dem Studium zu betrachten: Leben und Musik machen in Kathmandu, von dort über Land zurück nach Deutschland und dann weiter nach Brüssel; das letzte halbe Jahr hat er in New York verbracht. Kann man also nachvollziehen, wo das Thema herkommt. Wie man es da noch schafft, drei mal zu touren und ein zweites Album aufzunehmen, habe ich ehrlich gesagt immer noch nicht ganz begriffen. Aber irgendwie haben sie es hinbekommen, über Kontinente und Zeitzonen verteilt, mit einem wachsenden Kollektiv an Mit-Musikanten und Leuten, die „noch so richtige echte Leben haben nebenbei“ (Franz). Und jetzt soll es auch noch eine dritte Tour geben.

Los geht es diesmal in Dresden, am 30.11., bei einer offenen Proberaumsession. Dann wird auch das neue Album „Reset“ (das man sich wie üblich „verdienen“ kann, indem man Werbung für die Künstler macht) als richtige echte CD zum in die Hand nehmen veröffentlicht. Und dann geht es weiter Richtung Westen – wie auch bei den beiden Touren zuvor werden die Niederlande, Belgien, Frankreich und zu guter Letzt nochmal Deutschland bespielt. In Frankfurt spielen Franz & Frau Schneider eins der wenigen Konzerte in fast-Originalbesetzung beim Radio-Livekonzert von VirusMusik – wer also in der Nähe ist sollte sich diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen, denn sonst wird es diesmal schwierig, alle Mitglieder (sofern man diesen Begriff überhaupt verwenden möchte) zusammen zu erleben.

„Das Wir wird einfach immer größer – und das ist das was fetzt.“ (Franz)

Aus dem überschaubaren Trio ist mittlerweile ein Kollektiv geworden, was viel mit der Art und Weise zu tun hat, wie bei Franz & Frau Schneider Musik verstanden wird: „Wir nehmen einfach erstmal alles mit und gucken dann, ob es musikalisch zusammenpasst oder nicht“, sagt Franz, und gerade bei „Reset“ hört man diese Sammlerattitüde deutlich heraus. Auch wenn Franz‘ Feder in allem deutlich spürbar ist, gibt es selbst für ihn immer noch Momente, in denen er sich selbst mehr als Zuhörer denn als Autor empfindet, was vor allem mit dem Beitrag der Anderen zu tun hat – den „unfassbar geil“en Harmonien von Lukas in „Hurricane“, die Franz „im Traum nicht eingefallen“ wären, den großartigen Gitarrensoli bei „Solar“ von Julian Gramm, der in Nepal Frau Schneider ersetzt hat und mittlerweile ein fester Bestandteil des Ensembles geworden ist, dem Akkordeon in „Like Leaves“, das Franz‘ Vater in Dresden aufgenommen hat, oder den diversen Trompetenspuren, die Franz mit Eli Rumpf in dessen Küche in Brooklyn aufgenommen hat – um mal nur ein paar Beispiele zu nennen.

„Ich bin einfach ein zu großer Fan von den Anderen!“ (Franz)

„Es sind einfach viele Geschichten in dem Album“, sagt Franz – und auch wenn man die als Nichtwisser wahrscheinlich eher nicht heraushört, so merkt man dem Album doch an, dass es viel unterwegs war. Das Motiv des Reisens ist immer noch sehr prägnant, aber es geht auch viel um Neuanfänge, um die Möglichkeit, sich selbst zu erlauben, Dinge anders und sich selbst neu zu gestalten.

„Es geht eigentlich immer alles, man muss es nur machen.“ (Franz)

Auch musikalische Unabhängigkeit verbirgt sich hinter „Reset“: es darf „musikalisch mal was Neues“ ausprobiert werden, sagt Lukas, und meint damit vor allem auch die gedoppelten Chöre, die es bei Away in der Form nicht oder nur rudimentär zu hören gibt. „Es ist ein bisschen rockiger“, findet Franz, was für ihn auch damit zu tun hat, dass er inzwischen nicht mehr zwischen Rockband und Singer/Songwriter-Projekt unterscheidet – Franz & Frau Schneider haben sich emanzipiert, auch im Schafferhirn.

Für Vivian markiert „Reset“ auch einen Neuanfang nach der letzten Tour. Obwohl Frau Schneider dieser Tage schwer beschäftigt ist und demnach bei der nächsten musikalischen Rundreise nur sporadisch dabei sein kann, hofft sie, dass es beim nächsten Mal wieder klappt, und dann auch gerne mal woanders hin:

„Eher so Richtung Süden… oder nach oben… oder nach rechts“ (Vivi)

Erstmal aber wird mit „Reset“ getourt, mit Franz‘ Bruder Max und dessen Drummer West (der eigentlich Felix Franz heißt), und stellenweise eben Julian, Vivi und hoffentlich Lukas: „Ich hol die dann alle ab wo sie gerade sind“, sagt Franz. Klingt spannend. Auch spannend ist, dass die meisten Songs auf der Platte vorher noch nie live gespielt worden sind, teilweise nicht einmal von Franz. „Wird lustig“, meint Vivi. Dass der Aufnahmeprozess den logistischen Herausforderungen entsprechend angepasst werden musste, dürfte dazu noch beitragen.

Franz, Lukas und Max haben Teile vorab in Dresden im Studio von [pi!] aufgenommen, bevor es mit Julian für ein Wochenende nach Karlsruhe ging, wo der Großteil der Aufnahmen und natürlich Klavier und Backingvocals von Vivian in den Räumen der Musikhochschule eingespielt wurden. „Ging recht flott, dafür dass ich bis auf ein paar Tage vorher die Songs noch nicht kannte“, erzählt Vivi. Der Entstehungsprozess der Songs verlief bei „Reset“ ebenfalls sehr anders als noch bei „Away“, was vor allem daran lag, „dass wir dieses Mal ein Album gemacht haben“, sagt Franz. Fast alle Songs auf „Reset“ sind im letzten Jahr entstanden, und vor allem Lukas war in die Entstehung der Endprodukte wesentlich stärker mit eingebunden:

„Da war ich involvierter was die Songs betrifft, bevor sie aufgenommen wurden; das war vorher nicht da. War schön!“ (Lukas)

Auch für Franz war diese Art des Schreibens im Vergleich zu seiner sonstigen Arbeitsweise sehr anders. „Was du machst, ist ja eigentlich, ein Gefühl zu jagen, und dann zu gucken: wie übersetze ich das in Klänge und Worte“, und das kann schon mal eine Weile dauern, denn: „Ein Song muss dich morgens wecken – so dass du morgens aufwachst, und der geht dir auf die Nerven, und nicht andersrum.“ Was die Sache schwieriger macht, wenn man sich eine Deadline gesetzt hat, zu der das Album stehen soll. Trotzdem hat Franz versucht, nichts zu erzwingen oder – wie er es nennt – sich nichts „auszudenken“, und bis auf einige wenige Stellen („weil es dann halt fertig sein musste“) hat das auch funktioniert, indem er drangeblieben ist an den Sachen, anstatt darauf zu warten, dass sie sich selber melden.

„Music is like a fart – if you have to force it, it’s crap.“ (Franz zitiert irgendwen anders)

Im Zweifel hätten es auch weniger – oder gar keine – Songs werden dürfen, denn so sehr man sich manchmal wünscht, mal nicht drauflegen zu müssen bei einer Tour, oder nicht selber alle 50 oder mehr Spuren mischen zu müssen für den selben Track: alles selber zu machen hat eben auch große Vorteile – nicht zuletzt uneingeschränkten Handlungsspielraum. Auch deshalb wurde diesmal vor Release des Albums kaum Werbung gemacht, obwohl Lukas und Vivi erzählen, dass kurzzeitig überlegt wurde, einzelne Gesangsspuren zu droppen  – Lukas war während der Aufnahmen erkältet, was stellenweise in einer Kopfstimme resultierte, die kurzerhand den Namen „Die Mutter des Brian“ erhielt*. Was dann aber auf Grund möglicher Abschreckungseffekte doch abgewählt wurde.

Auch Wohnzimmerkonzerte und Studentenheime fallen bei der Arbeit mit einem großen Label oder einer Agentur tendenziell aus, und „das sind die geilsten Abende“, sagt Franz, auch wenn man da auch schon mal „selber ’nen Kasten Bier mit(bringt)“. Alles so ein für und wider. Aber: „Ich glaube touren werden wir immer“, sagt Franz, am liebsten 365 Tage im Jahr. Geht einem das nicht irgendwann auf den Sack? „Ja, wir uns auf jeden Fall. Aber das macht ja nix.“ Realistisch reichen aber auch zwei Touren im Jahr, und „es gibt keinen Ort, wo ich nicht touren wollte.“ Die Welt ist eine Auster. Beschließen wir einfach mal.

 

 

 

 

 

 

*Wegen dem Film, ist klar, ne?

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